MOZ, 25.06.2018

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August 3, 2018 Monika

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Seelow

THEATERAUFFÜHRUNG VERMITTELT BERÜHRENDE SCHICKSALE GESTERN UND HEUTE

Theater

Puzzle aus Flucht und Krieg

Humorvolle Aufforderung zum Nachdenken: „Wer profitiert von der Verbreitung von Ängsten?“, fragten die zumeist jungen Schauspieler im Seelower Kulturhaus.

Ingo Mikat / / 25.06.2018, 06:45 Uhr

Seelow. „Puzzle – Kriegskinder erzählen“ ist ein Theaterstück, in dem die Geschichten von Kriegs- und Flüchtlingskindern im Mittelpunkt stehen. Kürzlich war es im Seelower Kulturhaus zu erleben. Zu den einzelnen Puzzleteilen des Theaterabends gehörten neben emotional berührenden Zeitzeugenberichten von Flüchtlingen aus Afghanistan, Pakistan und Syrien auch zahlreiche Erinnerungen deutscher Kriegsflüchtlinge und Umsiedler des Jahres 1945. Zuerst schilderte Mirja Henking, wie ein zehnjähriges Mädchen aus Ostpreußen vor der nahenden Front Dieht und sich in Lietzen als ungern aufgenommenes Flüchtlingskind wieder findet. Direkt an ihrem Rücken lehnte Fragal Wali, eine junge Frau aus Kabul in Afghanistan, die wenn auch ganz anders, ebenfalls Fluchterfahrungen vermittelte. In einer folgenden Szene berichtete Schauspieler Vadim Grakowski in der Rolle des in Weißrussland geborenen Juden Mark Perlemann über dessen Flucht vor den Nazis nach Russland. Dort angekommen erlebte der Jude, zu seiner Überraschung, ebenfalls antisemitischen Angriffe aus Teilen der Bevölkerung. Auf der Flucht befand sich 1945 schließlich auch ein Hitlerjunge, dargestellt von Volkmer Leif Gilbert. Ihn rettete vor einem letzten sinnlosen Kampfeinsatz – einschließlich geplantem Heldentod – nur ein glücklicher Zufall. Bomber vernichteten die für ihn zuständige Meldestelle und mit ihr seine schon ausgestellten Marschpapiere. Im ständigen Wechsel zwischen den Schilderungen der vor 70 Jahren geflohenen Menschen und den heutigen Schutzsuchenden wurde deutlich: – Es gibt keinen Unterschied ihrer leidvollen Erfahrungen. Niemand verlässt freiwillig seine Heimat. Und – es könnte jeden treffen, auf Hilfe und Unterstützung angewiesen zu sein. Gegenwärtig sind laut Zählungen von UNICEF über 30 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit auf der Flucht. Sie versuchen allein oder mit ihren Eltern verheerenden militärischen Konflikten, Naturkatastrophen oder generell Hunger und Elend zu entkommen.

Das Stück vermittelte sehr deutlich: In Form schutzsuchender Menschen klopfen die vermeintlich fernen Krisen jetzt auch in kleinen Städten Deutschlands – wie Seelow – an die Tür. Und es griff in Form einer Sktiven Fernseh-Talkshow zugleich satirisch die gegenwärtige heftige Debatte über Zuwanderung und Integration sowie über mögliche Grenzen von Aufnahmekapazitäten auf, die die Gesellschaft spaltet und einige Politiker rücksichtslos für eigene ProSlierung nutzen.

Das von Regisseurin Monika Dobrowlanska inszenierte und durch die Landeszentrale für politische Bildung geförderte Aufführung wird unterstützt vom Kreis-Kinder- und Jugendring Märkisch Oderland. 2017 wurde es erstmals in Seelow erfolgreich aufgeführt. Dieses Mal begeisterte es erneut. Im Publikum wurden die Landtagsabgeordnete Simona Koß (SPD) und Vizelandrat Friedemann Hanke (CDU) begrüßt. Weitere Aufführungen am 27. Juni um 11.00 Uhr im Parkclub Fürstenwalde, am 28. Juni um 14 Uhr an der Uckermärkischen Bühne Schwedt und am 19 September um 12 Uhr im Kleist-Forum Frankfurt.